July 30, 2025
Industry
In der zweiten Ausgabe ihrer Kolumne „CTRL + Culture“ bei Campaign Germany nimmt Barbara Zeiss, Chief Product Officer bei We Are Era, erneut die Datenlage aus dem ERA Intelligence Hub unter die Lupe – und stellt eine unbequeme Frage: Was bleibt eigentlich von Markenhaltung übrig, wenn es plötzlich unbequem wird?
Es beginnt immer ganz harmlos. Ein Trend flackert auf – ein Sound, ein Meme, eine Bewegung oder ein „soziales Top-Thema“ - das eigentlich kein Trend sein sollte. Aber hey, Body Positivity is so yesterday – und was ist eigentlich mit dem Amazonas? Brennt der noch?
Die Welt ruckelt kurz, das Internet dreht durch, und irgendwo in einer Marketingabteilung sagt jemand: „Oh toll. Da sollten wir auch was zu machen.“
Und zack – hat die Brand plötzlich eine Meinung. Zu allem. Und zwar sofort. Ob Pride, Mental Health, Period Empowerment oder „Hot Girls Walks for Climate“ – Kultur wird nicht mehr beobachtet, reflektiert oder mitgetragen. Sie wird verwertet. Verpackt. Gebrandet. Ausgespielt. Mit dem genau richtigen Creator, zur genau richtigen Zeit. Möglichst teilbar. Möglichst schnell. Bis jemand sagt: so nicht. Dann wird’s kurz still. Bis zum nächsten Anlass.
Kulturelle Anschlussfähigkeit? Klar. Aber bitte als KPI. Was früher ein Standpunkt war, ist heute ein Slot im Redaktionsplan. Kultur wird zur Kulisse – und Marken zur Statistin im eigenen Auftritt. Man konnte in den letzten Jahren die Uhr danach stellen: Im Juni poppen die Regenbogenlogos auf. Im Black History Month werden Bücher gefeiert, die angeblich eh schon absolut immer zu den allerliebsten Büchern gehörten – jetzt aber auch mal ganz prominent auf Insta und auf dem, wo die Menschen tanzen. Sichtbarkeit? Mehr als überfällig und natürlich extrem wichtig. Aber warum braucht es dafür immer erst einen Awareness-Monat? Warum schreit der Kalender: JETZT, JETZT, JETZT – und im Rest des Jahres warten wir nur auf den nächsten fixierten Anlass, um wieder mitreden zu können? Ist das Purpose oder ist das Cultural Creeping – eine leise, systematische Aushöhlung der eigenen Identität durch reflexhafte Trendverwertung?
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